Frankenwald: Wegbereiter auf der Kunstfestung

Nie bezwungen, nie erobert: Die Festung Rosenberg über Kronach gehört zu den Wahrzeichen des Frankenwalds. Innerhalb ihrer Mauern zeigt die „Fränkische Galerie“ großartige Werke aus Gotik und Renaissance. Für manchen mögen diese Kunstepochen so uneinnehmbar wirken wie die Festung selbst – ihnen ebnet Museologe Alexander Süß den Weg.

Wenn man Wein mit Familiennamen (und Sisi mit Vornamen) heißt, passt es wunderbar, wenn man über den Frankenwein schreiben darf. Und über Frankens kulinarische Besonderheiten. Über Natur, Traditionen und Kultur. Und nicht zuletzt über unglaublich spannende und gastfreundliche Menschen, die das Urlaubsland so besonders machen. Das tue ich nun, seitdem ich vor rund 20 Jahren als Journalistin vom Bayerischen Wald in den Naturpark Altmühltal gezogen bin.

Mit den Hausbesuchen begleiten wir Einheimische bei ihrem täglichen Wirken im Urlaubsland Franken. Den heutigen Tag verbringe ich zusammen mit Alexander Süß in der „Fränkischen Galerie“ auf der Festung Rosenberg in Kronach.

Die lebendige Festung

Einen kleinen Finger-Trommelwirbel kann sich Alexander Süß nicht verkneifen, als er den Cranach-Saal der „Fränkischen Galerie“ betritt. Von den Wänden grüßen Fürstenporträts ebenso wie nackte Nymphen oder Salome, die mit verklärtem Blick den frisch abgeschlagenen Kopf von Johannes dem Täufer präsentiert: „Eine wunderbare Sammlung, die alles zeigt, was Cranach ausmacht – von seinen frühen Bildern bis zu Werken kurz vor seinem Tod“. Seine Aufgabe als Museologe: den Besuchern die Augen zu öffnen für das, was Kunst und Festung zu erzählen haben.

„Rosenberg ist keine toter Kasten, sondern eine Festung mit jeder Menge Leben.“

Alexander Süß

Für beeindruckende Ein- und Ausblicke ist die Festung Rosenberg eindeutig der richtige Ort. Der mächtige Bau, der vom Mittelalter bis zum Spätbarock immer wieder erweitert wurde, erhebt sich hoch über der Kronacher Altstadt. Vor allem in die Bastionen investierten die Bamberger Fürstbischöfe als einstige Hausherren. „Bamberg selbst war schwer zu verteidigen“, erklärt Alexander Süß. „Wenn es dort brenzlig wurde, zog sich der Fürstbischof auf die Festung zurück, die tatsächlich nie erobert wurde.“ Heute ist die Festung im Besitz der Stadt Kronach und, so Alexander Süß, „kein toter Kasten, sondern eine Mehrsparten-Festung mit jeder Menge Leben“. Sie ist Schauplatz für die Rosenberg-Festspiele, für eine Kaffeepause mit Aussicht, für Feste oder Messen. Und sie ist das Zuhause der „Fränkischen Galerie“: Das Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums präsentiert eine herausragende Auswahl von fränkischen Meistern aus Spätgotik und Renaissance – darunter Tilman Riemenschneider, Hans Süß von Kulmbach oder Lucas Cranach d. Ä., der vor 550 Jahren in Kronach das Licht der Welt erblickte.

© Fränkische Galerie Kronach

„Sehhilfe“ für die Kultur

Festung und Museum sind der Arbeitsplatz von Alexander Süß und begeistern ihn jeden Tag aufs Neue: „Für mich hat die Festung immer noch etwas Surreales. Sie ist wie ein Raumschiff, das über der Stadt gelandet ist.“ Damit sich die Museumsbesucher:innen nicht fühlen, als wären sie angesichts der über 500 Jahre alten Gemälde, Klappaltäre und Holzskulpturen zu Besuch auf einem fremden Kunstplaneten, leisten Alexander Süß und sein Team jede Menge Vermittlungsarbeit.

„Viele Besucher haben Angst, die Kunstwerke nicht zu verstehen. Wir sind dazu da, um diese Barrieren abzubauen“, betont der Museologe. Das funktioniere aber nicht, wenn man bei Führungen einfach nur als „Erzählroboter“ sein Fachwissen ausschütte: „Wir dienen als eine Art Sehhilfe, durch die die Betrachter einen Bezug zu den Werken bekommen. So sind sie selbst in der Lage, in den Kunstwerken zu lesen. Am schnellsten lernen das übrigens Kinder.“ Gerade für diese gibt es ein großes museumspädagogisches Angebot, aber auch Erwachsene haben Gelegenheit, in die Vergangenheit einzutauchen: etwa im Atelier der Steinmetze, bei der Führung „Neues Licht für Alte Meister“ oder wenn sie bei der Führung „TraumGold“ selbst zum Vergolder werden.

© Sisi Wein

Cranachs Meisterstücke

Bei solch einer Führung fordert Alexander Süß seine Teilnehmer beispielsweise auf, Cranachs „Venus mit Amor als Honigdieb“ ins Visier zu nehmen – und fast scheint es, als würde die nackte Göttin gleich aus dem Bild steigen. Der Museologe weist auf ein wichtiges Detail hin: einen durchsichtigen Schleier, der die göttliche Nacktheit eher noch betont als verhüllt. „In der Renaissance kamen zu den bis dahin vorherrschenden christlichen Motiven unter anderem Darstellungen antiker Mythologie hinzu“, erklärt er. „Doch einen Akt zu malen, war eigentlich immer noch ein Tabu. Cranach aber traute sich Unglaubliches: Er bekleidete seine nackten Damen mit diesen Schleiern und war damit aus dem Schneider.“

Auch in anderer Hinsicht bewegte sich Cranach zwischen den Fronten. So gab er mit seinen Porträts von Martin Luther der Reformation ein Gesicht, gleichzeitig arbeitete er für katholische Auftraggeber. „Vor allem aber war Cranach ein unglaublich erfolgreicher Geschäftsmann, der die serielle Kunstproduktion einführte“, so Alexander Süß. Cranach beschäftigte in seiner Werkstatt jede Menge Mitarbeiter: „Diese durften keine eigene künstlerische Handschrift haben, sondern malten mit Schablonen oder im Werkstattstil – so, wie Cranach es selbst gemalt hätte. Außerdem war jeder nur für einen Teil des Bildes zuständig: Der eine zeichnete vor, ein anderer malte die Landschaft, der nächste Gesicht und Hände.“

© IG Photo Webster – Maximilian Weber

Kunst über die Epochen hinweg

Zum Schluss wurde jedes Werk mit einer geflügelten Schlange als echter Cranach gekennzeichnet – zu einer Zeit, als Bilder kaum signiert wurden. „Damit hat er nebenbei auch noch das Marken-Branding erfunden“, attestiert Alexander Süß Lucas Cranach d. Ä., der neben Albrecht Dürer zu den bedeutendsten Malern der deutschen Renaissance zählt. All das sind Dinge, für die eine Führung durch die „Fränkische Galerie“ den Blick schärft. Auch für Alexander Süß als Experten bleiben Kunst und Persönlichkeit Cranachs immer spannend. „Mich fasziniert, mit was Cranach alles davongekommen ist. Und weil er zeigt, wie über Kunst kommuniziert wurde – und wie wir darüber auch heute noch ins Gespräch kommen“.

Noch mehr Inspiration im Video gibt es hier: www.sat1.de

Mittelalterliches Flair, eine Festung die nie erobert werden konnte und ein Ausflug in Frankens große künstlerische Historie – ein Besuch auf der Festung Kronach lohnt sich allemal: www.kronach.de. Die Urlaubsregion Frankenwald verzaubert übrigens nicht nur mit prachtvollen Bauwerken und reicher Geschichte, sondern auch mit atemberaubenden Naturlandschaften, wilden Floßfahrten auf der Rodach und regionalen Köstlichkeiten in urigen Gaststätten – alles weitere hierzu findet man unter www.frankenwald-tourismus.de. Die gute Anbindung an überregionale Bahn- und Busstreckennetze bietet die perfekte Möglichkeit, um bequem in die Region zu kommen – Details zur Anfahrt sind unter www.frankenwald-tourismus.de/service/anreise nachzulesen.

Sisi Wein

Verfasst von Sisi Wein
am 31. März 2023 unter Allgemein, Hausbesuche Franken, Kultur in Franken mit den Schlagwörtern Festung, Frankenwald, Kultur, Kunst.

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