Kunstvolle Verflechtungen im Obermain.Jura

Leichtigkeit, Transparenz und Tradition – das verbindet Stefanie Schreiber aus Weismain mit der Flechtkultur. Als Gestalterin im Handwerk bewahrt sie mit ihrer Firma „holz + geflecht“ diese im Obermain.Jura seit Jahrhunderten überlieferte Kunst und verknüpft sie mit frischen Ideen.

Hallo, mein Name ist Caro Feller, ich wohne in Ingolstadt im Süden des Naturpark Altmühltal, komme aber ursprünglich aus der Nähe von Aschaffenburg und habe in Erlangen studiert – bin also eine waschechte Fränkin. Deshalb bin ich auch als Redakteurin so gerne draußen in Frankens wildromantischer Natur, quirligen Städten und idyllischen Orten unterwegs und schreibe über spannende Begegnungen mit sympathischen und liebenswerten Menschen.

Mit den Hausbesuchen begleiten wir Einheimische bei ihrem täglichen Wirken im Urlaubsland Franken. Im Obermain.Jura bringt mir Stefanie Schreiber heute das traditionelle Kunsthandwerk des Flechtens näher.

Sein Name ist „Roots“. Er vereint Anmut, Poesie und Leichtigkeit. Erschaffen hat diesen Meditationssessel aus Weidenruten Stefanie Schreiber aus Weismain: Als Schreinerin und Flechtwerkgestalterin kombiniert sie die Naturmaterialien Holz und Weide und begleitet ihre Werke von der Holzbohle über das Flechtwerk bis zum fertigen Unikat. Jedes Stück hat seinen ganz eigenen Charakter und in jedem steckt die Handschrift der Gestalterin.

Mit „Roots“ zum Beispiel verbindet Stefanie Schreiber die fest im Boden verankerten Weidenruten mit ihren eigenen familiären Wurzeln. Schließlich steht das Flechten bei Familie Schreiber schon lange im Mittelpunkt. Bereits ihr Urgroßvater Andreas Schreiber hatte einen Flechtbetrieb für Transportkörbe, die in der Landwirtschaft genutzt wurden. Stefanie Schreiber selbst absolvierte eine Ausbildung als Schreinerin und trat dann ein Werksstudium an der „Akademie für Gestaltung“ an. Ihre Ideen setzt sie nun in ihrer Werkstatt um. Es ist nicht nur die Tradition, die sie mit ihrer Firma „holz + geflecht“ in Ehren halten will, sie ist vielmehr absolut begeistert von der Lebendigkeit des Materials. Weidenrinde, Weide oder Peddigrohr vereint sie geschickt mit heimischen Edelhölzern wie Nussbaum, Kirschbaum oder Ahorn. So entstehen außergewöhnliche Tische, Bänke und Betten. Ihre Möbel, Einrichtungsgegenstände und Accessoires, die individuell auf Kundenwünsche zugeschnitten sind, zeichnen sich durch schlichte und zeitlose Eleganz aus.

© holzflechtwerkstatt/Stefanie Schreiber

Spezialisiert hat sich Stefanie Schreiber auf Stühle: „Ein Stuhl muss maßgeschneidert passen wie eine gut sitzende Jeans.“ Deshalb kommt bei ihr von der Idee bis zum fertigen Produkt alles aus einer Hand. Sie schneidet zunächst das individuell ausgesuchte Holz an der Kreissäge zu, hobelt es auf die gleiche Stärke, bohrt Holzverbindungen, leimt es zusammen und veredelt die Oberfläche mit Öl. Für die ergonomisch geformte Rückenlehne verbindet sie Edelstahl mit geschmeidigem Flechtmaterial zu einer stabilen, aber luftig leichten Konstruktion. Seine Vollendung erhält der Stuhl schließlich mit einem weichen Lederpolster. Und hat er erst einmal das Herz seiner Besitzer erobert, begleitet er sie meist auch ein Leben lang.

„Ein Stuhl muss maßgeschneidert passen wie eine gut sitzende Jeans.“

Stefanie Schreiber

„So wie man sich ein Geflecht formt, kann man auch sein Leben formen“, sagt Stefanie Schreiber dazu: „Die Gestaltung hat man selbst in der Hand.“ Spätestens jetzt wird deutlich, dass es ihr nicht nur ums Handwerkliche geht, sondern um ein Lebensgefühl. „Wenn man beim Flechten erst einmal im Flow ist, lässt er einen so schnell nicht wieder los“, erklärt sie und strahlt dabei übers ganze Gesicht. Von dieser Begeisterung bezaubern lassen sich auch die Teilnehmer der Flechtkurse, die sie im Stadtschloss Lichtenfels, in der Umweltstation Weismain und für Gruppen auch an Ort und Termin nach Wunsch anbietet. So lernen Kinder und Erwachsene die Flechtkultur kennen, die im Obermain.Jura lange Tradition hat. Und nicht nur wegen diesem einzigartigen kulturellen Erbe lädt die Urlaubsregion zum Verweilen ein: Das Gebiet ist ein hervorragendes Ziel für Wanderer und Radfahrer, darüber hinaus kann der Main bei einer Bootstour erkundet werden. Kloster Banz, die Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen und der sagenumwobene Staffelberg bilden das „fränkische Dreigestirn“, und in Bad Staffelstein lädt Bayerns wärmstes Thermalbad zum Entspannen ein.

Hier fühlt sich auch Stefanie Schreiber rundum wohl, und so definiert sie sich als verwurzelt und stabil, darüber hinaus aber auch als dynamisch und offen für Neues. Ähnlich also, wie das robuste und gleichzeitig flexible Material, mit dem sie arbeitet. Ihre Ideen, die eine raffinierte Mischung aus Innovation und Tradition sind, sprudeln nur so aus ihr heraus, während sie für jede Situation eine praktische Lösung parat hat. Oft ist nämlich gerade das schönste Holz am schwierigsten zu bearbeiten. Kirschbaumholz zum Beispiel ist samtig weich, splittert aber auch leicht. Wie gut, dass Stefanie Schreiber bestens damit umzugehen weiß. Gerne verwendet sie auch die „Schwarte“. Sie ist das halbrunde Überbleibsel mit Rinde, das beim Zersägen eines Baumstammes auf Schnittholz entsteht. Manchmal haben sich Insekten einen Weg durch das weiche Material unter der Borke gesucht und faszinierende Muster hinterlassen. Daraus macht die Gestalterin dann dekorative Accessoires, die wie sie Leichtigkeit und Lebensfreude versprühen.

Wer sich nun auf den Weg machen möchte, um vor Ort die Urlaubsregion Obermain.Jura und ihre alte Flechtkultur kennen zu lernen und dabei die Werkstatt von Stefanie Schreiber besuchen will, findet weitere Informationen unter www.holzflechtwerkstatt.de. Das Kurs-Angebot rund ums Flechten im Obermain.Jura lässt sich unter www.flechtworkshops.de einsehen. Die wichtigsten Anlaufpunkte zur Felchtkultur sind in das ÖPNV-Netz der Region integriert und gut zu erreichen.

Caro Feller

Verfasst von Caro Feller
am 27. August 2021 unter Hausbesuche Franken, Kultur in Franken mit den Schlagwörtern Handwerk, Kultur, Kunst, Obermain.Jura, Tradition.

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